Es war ein besonderes Ambiente für unser zweites internationales Symposium am 28.09.2023 im Rahmen des Design-Based Research-Netzwerkes: die Bibliothek im Warburg Haus. Dieser Veranstaltungsort hat sich bestens für unser Setting geeignet: nämlich für vier Vorträge und längere Pausen mit zahlreichen (Seiten-)Gesprächen in einer Gruppe von rund 25 Personen, die sich für Design-Based Research (DBR) begeistern.

Das Programm war klassisch – also ohne „innovative“ Formate, doch meine Erfahrung bei der genannten Gruppengröße ist: Das passt in diesem Fall und gibt allen die Möglichkeit, an allen Beiträgen teilzuhaben. Die Rückmeldungen lassen den Schluss zu, dass die Vorträge bzw. die Personen hinter den Vorträgen inspirierende Impulse für die Frage geliefert haben, was die Vermittlung und Kommunikation von DBR so herausfordernd gestaltet.

Den Anfang machte Arthur Bakker (Utrecht University), der mit seinem Buch “Design research in education: A practical guide for early career researchers” (erschienen 2018) bereits wertvolle Erfahrungen aus der Lehre zu DBR gesammelt und in gut lesbarer Form kommuniziert hat – also ein Experte in genau der Frage, dem das Symposium gewidmet war. In seinem Vortrag „Toward a didactics of design research“ hat Arthur gewissermaßen die Grundlagen für die Diskussion gelegt. Als die „Zutaten“ didaktischen Handelns zur Vermittlung von DBR hat er herausgestellt: (a) die Berücksichtigung der fachlichen Hintergründe und Motive (sich mit DBR zu beschäftigen) derer, die DBR erlernen; (b) typische Herausforderungen im DBR-Prozess (z.B. der Design-Begriff, Kooperationen mit Praxispartnern, Rollen bei der Lehre zu DBR, geeignete Forschungsfragen, Berichterstattung über DBR-Projekte etc.), (c) hilfreiche Maßnahmen und Ressourcen (Literatur, Workshops, Kurse, Konferenzen, Beteiligung an „Communities“, gute Beispiele), und (d) philosophische Überlegungen (z.B. Kombination von Experimentieren und Ethnografie, Generativität statt Generalisierung etc.).

Heidrun Allert (Mitglied des DBR-Netzwerks) folgte mit ihrem Vortrag „Where is responsibility in design and design research?“ Heidrun stellte verschiedene Beispiele aus ihrer Forschung vor, in welcher sie unterschiedliche Design-Praxen untersucht hat. Diese Beispiele machten deutlich, dass Design-Teams sehr heterogen etwa damit umgehen, in welcher Weise sie die Personen einbeziehen, für die etwas gestaltet wird. Dabei stellt sich (unter anderem) die Frage, inwiefern Personen, die an einem Designprozess als Nutzer partizipieren, für die Ergebnisse von Design-Prozessen verantwortlich sein können – eine Frage, die auch relevant wird, wenn designbasierte Forschung praktiziert wird. Für die Lehre von DBR ist das aus meiner Sicht ein wichtiger Aspekt, denn in dem Moment, in dem Studierende in Design- oder DBR-Prozesse integriert sind, werden sie ebenfalls potenzielle Verantwortungsträger.

Pieter Jan Stappers Beitrag passte im Anschluss ausgesprochen gut, weil er mit seinem Vortrag „How doing design can be used to generate knowledge“ einige Punkte aufgreifen konnte – auch zum Thema Verantwortung. Pieter lehrt in den Designwissenschaften, brachte also – aus der Sicht der Bildungswissenschaften – eine externe Perspektive ein, die ich persönlich allerdings gar nicht als extern empfand. Das dürfte daran liege, dass ich mich seit Jahren für die Arbeiten von Designwissenschaftlern zu „Research through design“ interessiere, und Pieter hat dazu Wesentliches geschrieben (siehe z.B. hier), was auch der Grund (für mich) war, ihn einzuladen. Pieter beschrieb zunächst einmal anschaulich, welches Verständnis von „doing design“ in seinem Kontext gängig ist, inwieweit sich die möglichen Gegenstände von Design sukzessive erweitert haben (von Produkten über technischen Schnittstellen und Dienstleistungen bis zu Systemen wie Organisationen). Ebenfalls anhand von Beispielen zeigte er, inwiefern „doing design“ zu einem Bestandteil von „doing research“ werden kann – und damit ist man bei „research through design“ angelangt. Mindestens indirekt wurde deutlich, dass man das nur lernen kann, indem man es selbst ausprobiert.

Eine ebenfalls externe Perspektive auf das Thema des Symposiums hat Ingrid Scharlau geworfen. Als (kritische) Psychologin, die selbst Grundlagenforschung betreibt, hat sie in ihrem Vortrag mit dem Titel „Some thoughts on: Why it´s hard to teach methods and approaches in intervention research“ anhand der Geschichte der Psychologie dargelegt, wie viele Ideologien und Doktrinen eine Disziplin durchziehen (können) und dann natürlich auch die Lehre beeinflussen. Es wurde gut erkennbar, inwieweit Methoden der Psychologie helfen, eine „echte Disziplin“ zu sein. Das hat Vorteile für die Lehre, die von Ambiguitäten wenig berührt ist – ganz im Gegensatz zur Lehre in den Designwissenschaften (wie Pieter es auch betonte). Kann man die Praxis (außerhalb der Disziplin) aus Forschung und Lehre heraushalten, reduziert man die Notwendigkeit komplizierter und komplexer Botschaften. Ich finde, Ingrids Vortrag machte an ihrer Disziplin – indirekt – noch einmal deutlich, wie groß die Herausforderungen sind, wenn es darum geht, DBR sowohl methodologisch und methodisch zu rahmen als auch zu lehren.

Zum Ende des Symposiums haben wir Raquel Tusi Tamiosso, Nachwuchswissenschaftlerin aus Brasilien, die Möglichkeit gegeben, ihr DBR-Netzwerk vorzustellen. Mit ihrer Präsentation “Educational Design Researchers Network: the power of connections” hat sie einen interessanten Einblick in ihr großes Engagement gegeben, DBR-Protagonistinnen zu vernetzen und die Chancen zu erhöhen, DBR zu erlernen. Zudem war das ein guter Abschluss, weil sich auch für das DBR-Netzwerk mit Ablauf der Förderung im April 2024 die Frage stellt, wie wir als Netzwerk weitermachen.

Fazit: Wir als Koordinierungsteam des Netzwerks waren zufrieden mit diesem zweiten Symposium und sind überzeugt, dass die Impulse eine Wirkung auf unsere weitere Arbeit zur Frage haben, wie man DBR vermitteln und kommunizieren kann. Zwar haben wir nur am Rande konkrete Maßnahmen und Ideen gestreift, welche die Frage „Wie macht man das jetzt?“ direkt beantworten. Nichtsdestotrotz gab es in allen vier Vorträgen Anker genau dafür und wir haben nun die Möglichkeit, uns mit den besonderen Personen, die vorgetragen haben, weiter (im Netzwerk und darüber hinaus) auszutauschen.

Dieser Text ist Teil eines Beitrags in Gabi Reinmanns eigenem Blog.